Vor 35 Jahren: erstes Schengener Abkommen

35 Jahre Schengener Abkommen: für Aachen ganz wichtig.

Die deutsche Seite des Dreiländerecks heißt Vaalserquartier. Dieses Quartier liegt im Stadtbezirk Laurensberg, in unserer Kaiserstadt Aachen. Ja, wenn es um Europa geht, ist schnell die Rede von Karl dem Großen und seinem Vereinigungsgedanken der Völker in Zentraleuropa. Obwohl dies durchaus auch kritisch gesehen wird und es den Begriff „Europa“ noch gar nicht gab.

Bleiben wir im Hier und Jetzt. Schauen wir uns im westlichen Stadtbezirk einmal um. Nachbarinnen und Nachbarn – oft hörbar – schon ewig sesshaft in Aachen haben einen belgischen oder niederländischen Pass. Familien sind verzweigt in den Nachbarstaat. Manchmal sogar in beide. Und das schon seit der Zeit, als es noch Zäune, Schlagbäume und Kontrollen an den Grenzen gab. Und das gibt es nicht nur in unserer Region. Gehen wir weiter nach Süden, sehen wir dies auch mit Luxemburg und Frankreich. Nicht nur die Familienverbände ließen Grenzen überwinden, zunehmend auch das Arbeitsleben. Wohnen in dem einen und arbeiten in dem anderen Staat sind nichts Ungewöhnliches.

Um dieses gelebte Europa in Staatsverträgen zu sichern, trafen sich am 14. Juni 1985 auf einem Rheinschiff bei Schengen Vertreter von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden und unterzeichneten hier das erste Schengener Abkommen (daher auch Schengen I genannt). Ein wichtiger Punkt in diesem Vertrag war die Freizügigkeit. Die Menschen sollten sich im Schengenraum ohne Zäune, Schlagbäume und Grenzkontrollen bewegen. Viele Leute in unserer Region werden sich an diese Veränderung noch erinnern. Aber auch viele kennen es nur „ohne“. Sind damit aufgewachsen. Du reist nach Paris, Den Haag oder Rom genau so wie mal eben nach Köln, Hamburg oder München.

Wie es sich anfühlt mit Grenzkontrollen hat uns die Corona-Krise gezeigt. Es waren zwar keine Zäune und Schlagbäume da, aber es gab keine Freie Fahrt mehr. Du wurdest gestoppt, musstest Fragen beantworten und durftest oft genug nicht weiter zu Familie, Freunden oder sonst wohin fahren. Mag es eine richtige Reaktion auf die Bedrohung durch das Virus gewesen sein, so fühlte es sich doch unwirklich an. Es gab auch wieder Reibereien gegen die jeweils anderen Staatsangehörigen. Unglaublich.

Dieser Zustand hat zum Glück nicht lange gedauert. Europa hat uns wieder und wir haben Europa zurück. Unser Dreiländereck hat am Charme seiner Vielfältigkeit keinen Schaden genommen. Wir im westlichen Stadtbezirk wollen die 1985 festgeschriebene Freizügigkeit achten und bewahren, vor allem gegen jene, die Abschottung und Abgrenzung als Lösung sehen. Gemeinsam werden wir dagegen kämpfen, dass Zäune, Schlagbäume und Grenzkontrollen aufgebaut werden – auch nicht die im Kopf. Wir sind Menschen dieser Region in Europa. Ein Pass macht uns zu Angehörigen unterschiedlicher Staaten, kann uns aber nicht trennen.